Rusty: ein Pferd lernt Jin Shin Jyutsu kennen

Rusty ist ein Quarterhorse und war schon als Fohlen ein mutiger und neugieriger Bengel, dem schnell alles zu langweilig wurde und der auch sehr deutlich zu verstehen gab und auch noch gibt, wenn ihm etwas nicht passt. Eine Trainerin meinte einmal, sie habe noch nie ein Pferd gesehen, dem man so stark den „Grant“ im Gesicht ansehe. Er zeigte es uns aber auch sehr deutlich durch Buckeln.

Er hat uns aber auch gelehrt, genauer hinzusehen was wirklich ist, denn er ist weder faul noch generell ein Griesgram. Seine Eskapaden hatten meist mit Schmerzen zu tun. Außer er war der Meinung, dass man nicht um 6.00 Uhr morgens (wegen der Bremsen im Hochsommer) ausreitet, wenn er sich doch die ganze Nacht den Bauch auf der Koppel vollgeschlagen hatte und einfach sehr müde war.

2000 (5-jährig) hatte er einen Unfall. Er rutschte auf regennasser Hangwiese aus und unter dem Zaun durch. Rein „optisch“ war nichts passiert, doch im Laufe von Monaten wurde sein Gang „unrund“, was bis zur Lahmheit führte. Röntgen und weitere Untersuchungen ergaben keinerlei Ergebnis. Nach Alternativen suchend bekam Rusty eine Cranio Sacral-Anwendung, bei der verschobene Hals- und Lendenwirbel gefunden wurden.

Jin Shin Jyutsu kannte ich damals noch nicht lange, habe es aber bereits mit meinen Tieren geteilt. Während Rusty’s Mutter gleich auf meine Strömversuche mit Schmatzen, hängender Lippe, geschlossenen Augen und anderer Atmung reagierte, zeigte Rusty anfangs keinerlei Reaktionen. Er schaute mal fragend, fand es dann aber interessanter meine Schuhbänder zu öffnen, Dinge anzunagen, sich die Gegend anzuschauen etc.

Um den Heilungsprozess und den inzwischen veränderten Muskel- und Bänderapparat zu unterstützen, beschloss ich, Rusty nun täglich zu strömen. Während der Hafer-Fütterung wurde die Herde im Offenstall angebunden und ich nutzte diese 15 Minuten, um ihn in Ruhe zu strömen.

Ich rate heute in meinen Tierkursen davon ab, die Tiere anzubinden oder dabei zu füttern. Denn so lässt sich besser beurteilen, wann das Tier genug hat oder es hat die Gelegenheit, sich zu strecken und zu kratzen. Ferner merkt man besser, welche SES „bedürftig“ sind. Da ich aber weder Box noch eine hilfreiche Hand zur Seite hatte, wählte ich diesen Weg.

Ich strömte ihn ca. 4 Wochen lang konsequent täglich. Eines Tages traf ich Rusty dösend im Stall an und begann ihn gleich zu strömen, vor der Fütterung. Und siehe da, nun kamen auf einmal heftige Reaktionen: er streckte sich, schnitt Grimmassen, rollte mit den Augen, streckte die Zunge raus, verschob den Kiefer… und das bestimmt 15 Minuten lang – er war richtig mit sich beschäftigt. Es war, als hätte man einen Schalter umgelegt. Seit dem genießt er JSJ und teilt mir auch „körperlich“ mit, welchen Teil von sich er nun geströmt haben will, indem er den gewünschten Part zu mir stellt.

Heute habe ich immer wieder Pferdeklienten, die wie Rusty damals, beim Strömen erstmals keine Reaktionen zeigen. Danach, wenn sie alleine sind und in Ruhe, beginnen sie aber zu gähnen, Grimmassen zu schneiden usw. und auch zu schlafen. Ich empfehle deshalb, dem Tier die Möglichkeit des Rückzuges und des Verarbeitens zu geben.

Und manche brauchen auch etwas Geduld, um JSJ erst kennen zu lernen und dann genießen zu können.

(Ein guter Strom für Rusty ist der Gallenblasenstrom; sagt uns das aber nicht schon der erste Absatz? ;-)

Ergänzung 2013

Rusty ist inzwischen 18 Jahre alt und die große Freude meiner Schwester Valerie, die mit ihm dieses Jahr die Abschlussprüfung zum NHT-Trainer bestanden hat. Mit ihr kann er seine Vielseitigkeit und Aktionliebe ausleben.